Am nächsten Morgen klingelt schon um 05:00 Uhr der Wecker – wach sind wir bereits etwas länger. Auf der Hütte herrscht bereits reger Betrieb – viele haben den Großvenediger vor und wollen sich möglichst viel Zeitvorsprung verschaffen, um für diese lange Tour nicht unter Druck zu geraten.
Nach einem kurzen Frühstück brechen auch wir dann kurz nach 6 Uhr auf und machen uns mit großer Vorfreude auf Richtung Sonnenaufgang. 🙂 Die Schneedecke ist noch so bockelhart gefroren, dass wir bei einer Querung auf Grund der Steilheit überlegen unsere Harscheisen anzulegen (dann hätten wir sie wenigstens nicht umsonst dabei ;-)). Wir entscheiden uns dann aber dagegen. Da wir die Tour noch nicht kennen, müssen wir uns aber auch immer wieder orientieren, um nicht unnötig Höhenmeter machen. Am Ende soll ja noch genug Luft sein, um einen eventuellen Gegenanstieg bei der Abfahrt auch noch zu überleben. 🙂
Am Anseilplatz sind dann die Bedingungen noch immer so hart, dass wir seilfrei gehen. Wir merken schon, dass wir heute nicht so schnell unterwegs sind wie erhofft und die Wärme am frühen Morgen macht uns tatsächlich sogar in dieser Höhe zu schaffen. So kämpfen wir uns dann Höhenmeter um Höhenmeter aufwärts bis zur Venedigerscharte – den Großvenediger dabei immer im Blick. Die letzten Meter werden dann nochmal hart – die Luft ist dünn und mir geht der Saft aus – mit Müsliriegel und Powergel gedoped klappt’s dann im Schneckentempo wirklich bis auf die letzte Anhöhe. Dort dann Steigeisen anlegen und ein kleiner Spaziergang über einen Grat macht mir dann nichts mehr aus. Am Gipfelkreuz treffen wir dann noch zwei ganz harte Burschen, die die Tour heute komplett aus dem Tal heraus und mit ultraleichter Ausrüstung (hatten die überhaupt einen Rucksack dabei?) gemacht haben… tja, es geht eben auch immer eine Schippe drauf zu legen… 🙂
Nach dem obligatorischen Gipfelfoto heißt es dann aber auch schon wieder an die Abfahrt machen. Die Schneeverhältnisse wandeln sich schon Richtung Wasserski und je weiter wir nach unten kommen, desto unangenehmer wird es. Am Gletschersee angekommen beschließen wir kurzerhand den See nicht komplett zu queren wie am Vortag – die Lücken in der Eisdecke sind uns zu heikel – stattdessen queren wir schnellstmöglich im Steinschlaggebiet zur rechten. Der Rest der Abfahrt macht dann nicht wirklich Spaß, stellt aber auch keine größeren Herausforderungen mehr dar. Einmal müssen wir noch abschnallen und die Ski paar Meter tragen, bis wir wieder weiterfahren können. Das tut unserer Freude aber keinen Abbruch – wir waren auf dem Großvenediger bei strahlendem Sonnenschein! 😀
An der Materialseilbahn warten „Franz und Sissi“ (unsere Radl) bereits brav. Wir schnaufen kurz durch, verabschieden uns von den üblichen Begleitern, die man auf solchen Touren unweigerlich kennenlernt (dieses Mal ein nettes Pärchen aus Ruhpolding) und gönnen uns eine Abfahrt mit den Radln bis zum Parkplatz. Leicht auffällig ist es schon, wenn man bei 26°C mit Skitourenhose, Skiern am Rucksack auf dem Fahrrad daher kommt, daher spricht uns dann auch gleich einer an, der wissen will, was wir da eigentlich machen und wo man hier denn Ski fahren könne … 😀
Zwei wunderbare Tage liegen hinter uns und die Gewissheit, dass wir die Herausforderungen gut meistern konnten und gleichzeitig auch, dass ich die Kraft habe, mich (auch wenn die Luft dünn wird) durchkämpfen zu können. 🙂